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Wie hoch können die Kosten einer Abmahnung ausfallen? Im folgenden Beitrag möchten wir Ihnen interessante Informationen und Berechnungsbeispiele aufzeigen.

Die Kosten einer berechtigten Abmahnung können als sogenannter Aufwendungsersatz vom Abgemahnten erstattet verlangt werden.

Am 04.12.2020 hat sich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geändert. Diese Änderungen wurden durch das Gesetz gegen den fairen Wettbewerb erzeugt.

Berechnung nach wirtschaftlichem Interesse des Abmahners

Die Höhe des Gegenstandswertes für die Berechnung der Anwaltsgebühren ermittelt sich grundsätzlich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Abmahners an dem Unterlassungsbegehren.

Der insoweit vom Abmahner angesetzte Wert wird aber durch die Rechtsprechung auf ihre Angemessenheit hin überprüft. In der Praxis haben sich bei den einschlägigen Fachgerichten daher Durchschnittswerte etabliert. Diese können von Gericht zu Gericht variieren.

Achtung: Häufig wenden Abmahnungsgegner ein, dass mit den betroffenen Angeboten nur ein geringer Umsatz erwirtschaftet wird. Oder sie verweisen generell darauf, nur ein kleiner, wirtschaftlich schwacher Marktteilnehmer zu sein. In der Regel kommt es aber auf die wirtschaftliche Situation des Abgemahnten nicht an. Im Geschäftsleben ist es dem Betroffenen im Zweifel zuzumuten, einen Kredit aufzunehmen.

Durchschnittliche Gegenstandswerte nach Rechtsgebieten

Wettbewerbsrecht

In normalen Wettbewerbssachen sind Streitwerte von 10.000 bis 50.000 € die Regel. Es kann aber auch, je nach Bedeutung der Sache, auch zu wesentlich höheren Streitwerten kommen.

Es kann aber auch sein, dass, wenn es z.B. mehrere Beteiligte gibt, eine Streitwerterhöhung zustande kommt. Im Falle einer GbR mit zwei Gesellschaftern kann sich der Gegenstandswert verdreifachen (GbR selbst, Gesellschafter A und Gesellschafter B).

NEU: Bei Informations- und Kennzeichnungsverstößen im Fernabsatzgeschäften gelten seit dem 04.12.2020 völlig andere Regelungen. Für den Fall einer erstmaligen Abmahnung kann der Abmahner gar keinen Aufwendungsersatzanspruch mehr geltend machen. Dies aber wohlgemerkt nur bei Informations- und Kennzeichnungsverstößen der Fall. Ebenso können Sie bei diesen Tatbeständen keine strafbewehrten Unterlassungserklärungen mehr fordern. Dies führt zurzeit zu unhaltbaren Zuständen und der Gesetzgeber ist gefragt, wie damit umzugehen sein wird.

Bei Irreführungstatbeständen (wozu z.B. auch der gewerbsmäßig handelnde Privatanbieter gehört) sieht es anders aus. Letzterer täuscht den Verbraucher darüber, dass er nicht als Privatverkäufer handelt und z.B. ein Widerrufsrecht einräumen muss.

Ferner gehören z.B. auch Verletzungshandlungen im Fernabsatzgeschäft gegen Gesetze, von denen ein Gefahrenpotential ausgeht. Also z.B. Verstöße gegen die Chemikalienverordnung (CLP-VO) oder gegen die StVZO. Hier gelten wieder die gleichen Voraussetzungen zu den normalen Streitwerten in Wettbewerbssachen.

Allerdings hat der Gesetzgeber auch den fliegenden Gerichtsstand gem. § 32 ZPO aufgehoben. Dies führt gegenwärtig zu recht abstrusen Entscheidungen. Der Streit rankt sich darum, ob der Gesetzgeber den fliegenden Gerichtsstand komplett aufheben wollte oder nur für einen Teilbereich, des einfach festzustellenden Bereich des Onlinehandels.

Markenrecht

In Markensachen können Streitwerte von 50.000 bis 500.000 € entstehen, je nach Bekanntheit, Bedeutung und Wert der Marke und Angriffsfaktor des Markenverletzers.

Designrecht, Patentrecht

Auch im Bereich der Schutzrechtsverletzungen (Patent, Design) können hohe Streitwerte zwischen 30.000 bis zu 1 Million € angesetzt werden.

Urheberrecht

In urheberrechtlichen Angelegenheiten ist die Menge der betroffenen Werke ausschlaggebend. Bildrechte werden z.B. im Bereich des OLG Köln für den Unterlassungsanspruch mit 6.000 € pro Bild bewertet. Dies kann sich bei 10 betroffenen Bildern auf bis zu 60.000 € addieren. Es gibt allerdings Einschränkungen bei bestimmten Sachverhaltskonstellationen.

Nebenforderungen wie Auskunft und Schadensersatzfeststellung können streitwerterhöhend hinzutreten. Dies ist abhängig von der jeweiligen Praxis des entscheidenden Gerichts.

Beispielberechnung nach RVG 2021

Die Nettokosten einer Abmahnung berechnen sich nach Gegenstandswerten. Diese betragen unter Berücksichtigung einer üblicherweise anzusetzenden 1,3 Geschäftsgebühr nach dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG 2021):

  • Gegenstandswert 5.000 = Abmahnkosten 492,54 €
  • Gegenstandswert 10.000 = Abmahnkosten 887,03 €
  • Gegenstandswert 15.000 = Abmahnkosten 1.029,35 €
  • Gegenstandswert 30.000 = Abmahnkosten 1.358,86 €
  • Gegenstandswert 50.000 = Abmahnkosten 1.822,96 €
  • Gegenstandswert 100.000 = Abmahnkosten 2.348,94 €
  • Gegenstandswert 250.000 = Abmahnkosten 3.509,19 €
  • Gegenstandswert 350.000 = Abmahnkosten 4.066,11 €
  • Gegenstandswert 500.000 = Abmahnkosten 4.994,31 €

Sind die Kosten einer Abmahnung auch abhängig vom Gerichtsstand?

Ja, durch den Umstand, dass Rechtsverletzungen im Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Markenrecht häufig über das Internet begangen werden, gilt der sog. fliegende Gerichtsstand. Im Rahmen des § 32 ZPO tritt die unerlaubte Handlung nämlich überall dort ein, wo der rechtswidrige Inhalt einer Webseite oder eines Onlineshops bestimmungsgemäß abgerufen werden kann. Das ist jedenfalls deutschlandweit der Fall.

Der Abmahner kann sich also in der Regel die ihm bekannte Rechtsprechung eines Gerichts aussuchen, die ihm gelegen kommt. Das gilt nicht nur für die Rechtsfrage selbst, sondern auch für den Streitwert / Gegenstandswert, der sich bei den Gerichten für das betroffene Rechtsproblem oder Rechtsgebiet etabliert hat.

Bestimmte Gerichte haben sich nämlich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert bzw. werden mit bestimmten Rechtsfragen aus den Rechtsgebieten Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Markenrecht immer wieder befasst. Beliebt sind z.B. Gerichte im Bezirk der folgenden Oberlandesgerichte: Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt und Hamm.

Gehören zu den Kosten einer Abmahnung Mehrwertsteuer?

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus Dezember 2016 muss der Abmahner jedenfalls in Wettbewerbssachen auch Mehrwertsteuer verlangen, und zwar unabhängig davon, ob der Abmahner Kleinunternehmer ist oder nicht. Die Mehrwertsteuer können dann aber im Falle einer Vorsteuerabzugsberechtigung aufgrund unternehmerischer Tätigkeit von Ihnen wieder gegengerechnet werden, sodass diese Position neutral ausfällt. Der Abmahner, der nach Ansicht des BFH ein fremdes Geschäft für den Abgemahnten ohne Auftrag wahrnimmt, muss dann eine Rechnung ausstellen. Mit Ausnahme des Kleinunternehmers sind auf dieser dann die Umsatzsteuer auszuweisen.