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Die Datenschutzgrundverordnung der EU (DSGVO) muss seit dem 25. Mai 2018 umgesetzt werden. Im Vorfeld dieses Stichtages wuchs bei vielen die Befürchtung, dass Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung eine Abmahnungswelle auslösen würden. Sie ist bisher ausgeblieben. Dies könnte sich aber durch eine kürzlich ergangene Entscheidung des Landgerichts Würzburg ändern:

Rechtsunsicherheit durch Entscheidung des LG Würzburg

Worum geht es?

Nach § 3a UWG können nur Marktverhaltensregeln abgemahnt werden. Darunter versteht man Normen, die – zumindest auch – das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer, also zum Beispiel der Wettbewerber, regeln.

Außerdem muss ein Verstoß gegen solche Marktverhaltensregeln dazu geeignet sein, die Interessen von

  • Verbrauchern,
  • sonstigen Marktteilnehmern oder
  • Wettbewerbern

spürbar zu beeinträchtigen.

Abmahnung wegen Verstoß gegen DSGVO

© DOC RABE Media – fotolia.com

Die zentrale Frage ist also, ob die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung Marktverhaltensregeln sind oder ob sie das Persönlichkeitsrecht dadurch schützen sollen, dass bestimmte Mindestanforderung im Umgang mit Daten erfüllt sein müssen. In diesen Fällen ist nicht die Abmahnung nach dem UWG zulässig, sondern eine Unterlassungsklage nach dem Unterlassungsklagegesetz. Diese Unterlassungsklage können nicht Wettbewerber erheben, sondern nur Verbraucherschutzverbände u. ä. (Art. 80 DS-GVO; § 4 UKlaG).

Für Abmahnungsanwälte ist also entscheidend, dass die Rechtsprechung Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung als Marktverhaltensregeln ansieht – sonst haben sie für Ihre Mandanten keine Klagebefugnis!

Wie wurde das bisher gehandhabt?

Vor Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung wurden nach der Rechtsprechung vieler – aber bei weitem nicht aller – Land- und Oberlandesgerichte bestimmte Datenschutzvorschriften gleichzeitig auch als Marktverhaltensregeln angesehen, deren Nichteinhaltung abgemahnt werden konnte. Zu einer klärenden höchstrichterlichen Entscheidung ist es nicht mehr gekommen.

Wie ist die Rechtslage nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung?

Die Lage schien eindeutig. Art. 80 der Datenschutzgrundverordnung sagt dazu:

Art. 80 DSGVO Vertretung von betroffenen Personen

(1) Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 77, 78 und 79 genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

Diese Regelung wurde in Erwägungsgrund 142 der Datenschutzgrundverordnung erläutert:

„Betroffene Personen, die sich in ihren Rechten gemäß dieser Verordnung verletzt sehen, sollten das Recht haben, nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete Einrichtungen, Organisationen oder Verbände ohne Gewinnerzielungsabsicht, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten tätig sind, zu beauftragen, in ihrem Namen Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde oder einen gerichtlichen Rechtsbehelf einzulegen oder das Recht auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass diese Einrichtungen, Organisationen oder Verbände das Recht haben, unabhängig vom Auftrag einer betroffenen Person in dem betreffenden Mitgliedstaat eine eigene Beschwerde einzulegen, und das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf haben sollten, wenn sie Grund zu der Annahme haben, dass die Rechte der betroffenen Person infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung verletzt worden sind.

Diesen Einrichtungen, Organisationen oder Verbänden kann unabhängig vom Auftrag einer betroffenen Person nicht gestattet werden, im Namen einer betroffenen Person Schadenersatz zu verlangen.“

Damit schien alles klar. Wettbewerber sind nicht klagebefugt.

Folgerichtig kommt Prof. Dr. Helmut Köhler, einer der renommiertesten Wettbewerbsrechtler Deutschlands, in dem Standardkommentar zum UWG (Köhler/Bornkamm/Feddersen: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 36. Aufl., München 2018, § 3a Rn. 1.74b) zu einer eindeutigen Bewertung:

„Die Regelung in Art. 80 DS-GVO ist abschließend (→ Rn. 1.40a). Auch und gerade unter Geltung der DS-GVO ist es daher ausgeschlossen, mittels einer Anwendung des § 3a auch Mitbewerbern iSd § 8 III Nr. 1 eine Anspruchsberechtigung und Klagebefugnis nach § 8 I zuzusprechen (→ Rn. 1.40).“

Das Landgericht Bochum hat sich mit Urteil vom 7. August 2018 – Az. I-12 O 85/18 – der Auffassung von Helmut Köhler angeschlossen. Nach Auffassung des Gerichts dürfen Verstöße gegen Art. 13 DSGVO nicht von Mitbewerbern nach § 3a UWG abgemahnt werden.

Soweit, so nachvollziehbar. Erhebliche Rechtsunsicherheit hat dagegen eine Entscheidung des Landgerichts Würzburg  gem. Beschluss vom 13. September 2018, Az. 11 O 1741/18 geschaffen.

Dieses Gericht bejahte, dass Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung auch von Mitbewerbern abgemahnt werden können.

Dieser Beschluss ist sehr schmallippig und geht auf die Frage, ob und inwieweit die Datenschutzgrundverordnung eine Marktverhaltensregel ist, mit keinem Wort ein, sondern setzt dies einfach analog der vormaligen Rechtsprechung zu § 4 Nr. 11 UWG (alt) und § 13 TMG z.B. des OLG Hamburg, Urteil vom 27.06.2013 – 3 U 26/12 und des OLG Köln Urt. v. 11.03.2016 – 6 U 121/15 voraus.

Was bedeutet das?

Nach einigen Wochen scheinbarer Rechtssicherheit hat die Entscheidung des Landgerichts Würzburg für alle Betroffenen eine erhebliche Rechtsunsicherheit herbeigeführt.

Es ist zurzeit nicht vorhersehbar, wie welches andere Landgericht in Deutschland diese Frage entscheidet und wie eine höchstrichterliche Entscheidung in einigen Jahren aussehen wird. Fachkundige juristische Beratung ist daher zu Fragen des Datenschutzrechts und des Wettbewerbsrechts angeraten.

Wenn auch Sie eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung erhalten haben, wenden Sie sich gerne unverbindlich an meine Kanzlei und nehmen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres persönlichen Falls in Anspruch. Entscheiden Sie danach, ob Sie uns mit der weitergehenden Betreuung der Angelegenheit beauftragen möchten. Insofern vereinbaren wir mit Ihnen gerne ein individuelles Pauschalhonorar.


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