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Das OLG Köln – Urteil vom 19. Dezember 2014 – Az. 6 U 51/14 – hat darüber entschieden, ob ein Anbieter eines Produktes einen Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG gegen einen späteren Anbieter desselben Produktes bezüglich der Verwendung des von dem Erstanbieter hochgeladenen Fotos hat.

ASIN (= Amazon Standard-Identifikationsnummer)

Dazu muss man wissen, wie Amazon funktioniert: Für jedes Produkt, das durch einen bestimmten „EAN-Code“ (European Article Number) oder einen „GTIN-Code“ (Global Trade Item Number) definiert ist, richtet Amazon eine einzige „Produktseite“ ein, auf der das Produkt abgebildet und beschrieben wird. Daraus entsteht sodann die ASIN (= Amazon Standard-Identifikationsnummer).

Die genannten Codes dienen der eindeutigen Identifizierung jedes Artikels und können entgeltlich erworben werden.

Neben den jeweiligen Angeboten wird auf der Produktseite das Foto angezeigt, das von dem Erstanbieter auf den Server der Internetseite www.amazon.de hochgeladen worden ist. Nachfolgende Anbieter haben die Möglichkeit, eigene Fotos hochzuladen, können aber das zuerst eingestellte Foto nicht ersetzen. Die nachfolgenden Anbieter können sich an das erste Angebot also nur „anhängen“. Andererseits können die Fotos auch dann noch von den Mitbewerbern des Ersteinstellers ausgenutzt werden, wenn dieser das ursprüngliche Angebot, für das er die Fotos zur Verfügung gestellt hat, nicht mehr aufrecht erhält.

Übertragung von Nutzungsrechten bei Amazon durch AGB

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon lässt sich Amazon das Nutzungsrecht für solche Fotos wie folgt übertragen:

A. VIII Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrechte

Die Teilnehmer übertragen amazon.de ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen, sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeden anderen Produktinformationen, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von amazon.de an amazon.de übermitteln… einschließlich des Rechts, diese Inhalte mit Printmedien, online, auf CD-ROM, etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.

Der Fall, den das OLG Köln zu entscheiden hatte, betraf die Auseinandersetzung zweier Internet-Händler. Der Kläger war Inhaber des Nutzungsrechts an verschiedenen Bildern, die er als Ersteinsteller auf den Server der Internetseite www.amazon.de hochgeladen hatte. Der Beklagte war ein nachfolgender Anbieter, der sich nach den obigen Grundsätzen an das Angebot des Erstanbieters „angehängt“ hatte. Der Kläger machte den Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG geltend, drang damit aber nicht durch.

Die Übertragung von Nutzungsrechten an Produktfotos bei Amazon per AGB ist nach Auffassung des OLG Köln zulässig.

Im Gegensatz zur Vorinstanz kam das OLG Köln zu dem Schluss, dass die oben wiedergegebene Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon wirksam sei. Amazon habe daher das Recht, das Nutzungsrecht an dem eingestellten Foto weiter zu übertragen, so dass der Kläger keinen Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten habe.

Das LG Köln hatte erstinstanzlich entschieden, dass die Einräumung des Nutzungsrechts an den hochgeladenen Fotos gegen §§ 310 Abs. 1 S. 2 ,307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei, da die Klausel Amazon ein unentgeltliches und umfassendes Nutzungsrecht an den Materialien der Teilnehmer einräume und daher gegen das Leitbild von §§ 11, 32 UrhG verstoße.

Nach Auffassung des OLG Köln hat das Landgericht nicht hinreichend das Grundprinzip des Amazon-Marktplatzes berücksichtigt. Dadurch, dass Amazon den Marktteilnehmern die Möglichkeit biete, durch „Anhängen“ Angebote zusammenzuführen, werde die Attraktivität des Marktplatzes für die Kunden gesteigert, die ohne weiteres Preise und Konditionen der Anbieter vergleichen könnten. Damit sei die Teilnahme an diesem System auch für die Anbieter vorteilhaft.

Außerdem führe das System der geschilderten Einräumung von Nutzungsrechten dazu, dass Erstanbieter eines Produktes bei einem anderen Produkt, bei dem sie ein nachfolgender Anbieter sind, das Foto des dortigen Erstanbieters nutzen dürfen. Insofern funktioniere die Amazon-Plattform wie ein Peer-to-Peer-Netzwerk, das sämtlichen Teilnehmer die Nutzung der von anderen Teilnehmern in das Netzwerk eingestellten Inhalte ermöglicht.

Daher stelle die Klausel keine Abweichung von den wesentlichen Grundgedanken des Urheberrechts dar und halte einer AGB-Kontrolle stand, so dass die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon wirksam sei. Daher sei das Nutzungsrecht wirksam auf Amazon übertragen worden. Amazon habe daher dem Beklagten die Nutzung der Fotos auch einräumen dürfen

Amazon erteile allen Teilnehmern konkludent das Recht, Fotos, an denen Amazon von anderen Teilnehmern Nutzungsrechte übertragen worden sein, für ihre Angebote zu nutzen.

Das OLG Köln hat gegen diese Entscheidung die Revision zugelassen, da die Amazon-AGB noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung waren.

Insofern herrscht hier noch keine absolute Rechtssicherheit, doch hat das OLG Köln mit meiner Meinung nach beachtlichen Argumenten eine vernünftige Entscheidung mit Signalwirkung getroffen.


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