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LG Düsseldorf – Fototapete

In dem Rechtsstreit … ./. …

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2023
durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht …, den Richter am Landgericht Dr. … und die Richterin …
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Zum Tatbestand

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Abmahnkosten unter dem Gesichtspunkt der Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist eine am 09.04.2021 unter anderem von dem Berufsfotografen … gegründete und am 23.04.2021 eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Recht der Britisch Kolumbia. … ist geschäftsführender Gesellschafter und CEO der Klägerin. Geschäftsgegenstand der Klägerin ist unter anderem die Lizenzierung von Nutzungsrechen an Fotos und der Verkauf digitaler Produkte.

Die Klägerin stellte fest, dass die Beklagte nachstehende Innenraumaufnahme aus dem … nutzt, auf denen eine Fototapete zu sehen ist, und zwar sowohl auf ihrer Webseite unter www….de/ (Anlage K 6) als auch auf diversen Hotelbuchungsportalen, darunter www.booking.com, www.agoda.com, www.holidaycheck.de und www.hotels.com (Anlage K 7).

Ferner nutzt die Beklagte eine Innenraumaufnahme mit dem Foto … auf Seite 17 ihrer SPA Broschüre (2019 und 2021), die als PDF auf ihrer Webseite downloadbar ist (Anlage K 8):

Die Beklagte erwarb die Tapeten am 04.01.2011 bei einer Firma ….

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.04.2022 wurde die Beklagte abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 04.05.2022 sowie Auskunft und Bestätigung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach aufgefordert. Die Klägerin bezifferte mit Schreiben vom 23.05.2022 auf der Basis der bisher bekannten Nutzungen den Mindestschadensersatz und die Anwaltskosten und kündigte für den Fall der Nichtzahlung Klageerweiterung an.

Die Klägerin trägt vor:

Der Fotograf … habe die Lichtbilder„…“ sowie „…“ erstellt und der Klägerin mit Wirkung zum 25.06.2021 das ausschließliche, zeitlich und räumlich unbeschränkte Nutzungsrecht eingeräumt, diese in allen denkbaren Nutzungsarten zu nutzen bzw. Dritten Nutzungsrechte einzuräumen. Er habe die Klägerin ferner ermächtigt, Ansprüche wegen fehlender Urheberangabe im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Im Übrigen habe er Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen vor dem 25.06.2021 an die Klägerin abgetreten.

In der Vergangenheit seien die Bilder mit Zustimmung von „…“ für Fototapeten genutzt worden. Dieser Nutzung habe die Einräumung einfacher, für die Herstellung und den Vertrieb von Fototapeten erforderlicher Nutzungsrechte durch „…“ zugrunde gelegen. Autorisierten Herstellern habe er nur gestattet, die Fototapeten zu verkaufen.

Die Klägerin bestreitet, dass es sich bei der auf den streitgegenständlichen Innenraumaufnahmen ersichtlichen Fototapeten um solche handelt, die mit Zustimmung von „…“ in Verkehr gebracht worden seien. Über Webseiten könne man Fototapeten herstellen lassen, sei es mit eigenen oder fremden Bildern, also auch mit den über das Internet frei verfügbaren Bildern des „…“. Zahlreiche Anbieter böten Fototapeten an, ohne hierzu berechtigt zu sein.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, künftig zu unterlassen, nachstehende Lichtbildwerke

[…]

durch Einbindung in einen Internetauftritt und/oder einer Broschüre zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. dies durch Dritte vornehmen zu lassen, wie nachstehend geschehen auf www.eliffhotel.de, www.booking.com, www.agoda.com, www.holidaycheck.de, www.hotels.com und aus den Anlagen K 6, 7 und 8 ersichtlich:

[…]

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin schriftlich und unter Vorlage aussagekräftiger Belege Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Handlungen gem. Ziff. 1, insbesondere darüber,

– auf welchen Internetseiten von wann bis wann die in Ziff. 1 angeführten Bilder bzw. Innenraumaufnahmen durch sie bzw. von ihr beauftragte Dritte öffentlich zugänglich gemacht wurden,

– ob und ggf. in welchen weiteren Nutzungsarten außer der vorstehenden Art von wann bis wann diese durch sie bzw. von ihr beauftragte Dritte verwendet wurden;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen über den in Anlage K 11 geltend gemachten Mindestschadensersatz hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der dieser infolge von Verletzungshandlungen gem. Ziff. 1 bereits entstanden ist bzw. künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass „…“ die Fotografien machte, und trägt vor:

Die bestimmungsgemäße Nutzung einer Fototapete umfasse das Recht, den entsprechend tapezierten Raum im Internet (oder sonst) zu zeigen. Die Klägerin und „…“ hätten in die erfolgte Nutzung der Fototapete eingewilligt. Die Geltendmachung irgendwelcher Nutzungsrechte sei zudem treuwidrig. Der gemeinsam verfolgte Vertragszweck der Klägerin und des Tapetenherstellers auf der einen Seite und der Beklagten auf der anderen Seite, sei in dem bestimmungsgemäßen Einsatz der Tapeten zu sehen. Dazu gehöre entsprechend der heutigen Verkehrssitte, dass sämtliche Hotelunternehmen einladend, gestaltete Räumlichkeiten im Internet bewerben.

Ein Hotelunternehmen könne eine erworbene Fototapete bestimmungsgemäß und damit nach ihrem Vertragszweck nur dann nutzen, wenn sie damit werben dürfe. Die streitgegenständlichen Tapeten seien erworben worden, um die Räumlichkeiten ansprechend zu gestalten und im Anschluss im Internet zu bewerben, um zukünftige Hotelgäste anzusprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 08.03.2023 sowie die nachstehenden Entscheidungsgründe, soweit diese Feststellung enthalten, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.

Der Klägerin stehen weder der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 97 Abs. 1, 15, 16, 19a UrhG noch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch und der Feststellungsanspruch insoweit nach §§ 97 Abs. 2, 15, 16, 19a UrhG noch der gem. § 242 BGB zur Bezifferung des Schadensersatzanspruchs geltend gemachte Auskunftsanspruch noch ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten gemäß §§ 97 a UrhG zu, weil eine urheberrechtswidrige Nutzung durch das Ablichten der Räume mit der an der Wand angebrachten Fototapete und das öffentliche Zugänglichmachen dieser Lichtbilder nicht festgestellt  werden kann (I.), eine rechtswidrige Urheberrechtsverletzung nicht vorliegt (Il.) und den geltend gemachten Ansprüchen jedenfalls der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegensteht (Ill.). Die geltend gemachten Ansprüche können auch nicht aus einer Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts in Form des Urheberbenennungsrechts hergeleitet werden (IV.). Die Aktivlegitimation der Klägerin wird insoweit zu ihren Gunsten unterstellt.

l. Durch das Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räumen und das Einstellen dieser Lichtbilder auf verschiedene Internetseiten sind zwar die Lichtbilder „…“ sowie „…“  öffentlich zugänglich gemacht worden. Ein Eingriff in urheberrechtliche Nutzungsrechte scheidet jedoch aus, weil die Beklagte mit dem Erwerb des Sacheigentums an den Fototapeten von der Firma „…“ ein einfaches Nutzungsrecht dahin gehend erworben hat, dass sie Lichtbilder der Fototapete im Rahmen von Lichtbildern der Räume fertigen bzw. fertigen zu lassen durfte. Zugleich ermöglichte ihr das eingeräumte Nutzungsrecht, diese Lichtbilder zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich zu lassen.

Die Darlegungs- und Beweislast für eine Einräumung bzw. den Umfang und die Reichweite eines Nutzungsrechts trägt der Beklagte als Verwerter (vgl. BGH GRUR 1996, 121, 123).

Eine ausdrückliche, schriftliche oder mündliche Einräumung von Nutzungsrechten ist weder im Verhältnis des Fotografen zu den von ihm autorisierten Herstellern noch zwischen der Firma „…“ und der Beklagten vereinbart worden. Jedoch ist von einer Einräumung der Nutzungsrechte durch schlüssiges Verhalten auszugehen.

Der Kammer ist durch eine Vielzahl von Verfahren sowie aus dem seitens der Klägerin in Bezug genommenen Urteil des Landgerichts Köln (Anlage K18) bekannt, dass der Fotograf „…“ seine Fotos durch die Firma „…“  deren Geschäftsführer er war, als Fototapeten vertrieb. Soweit die Klägerin bestreitet, dass die Beklagte die Fototapeten von „einem autorisierten Hersteller“ erwarb, ist dies unerheblich. Da die Klägerin vom Fotografen selbst vertreten wird, hat sie Kenntnis von den Vertriebswegen und kann sich im Rahmen ihrer Verpflichtung zum vollständigen und wahrheitsgemäßen Vortrag gem. § 138 ZPO nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken. Auch ihr Vorbringen, die Firma „…“ nicht zu kennen, ist nicht ausreichend. Die Klägerin hat weder hinsichtlich einer urheberrechtswidrigen Herstellung von Fototapeten konkret vorgetragen noch hat sie einen Vertrieb von hergestellten Fototapeten näher erläutert, obwohl ihr dieser über ihren Geschäftsführer bekannt war. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte die Tapete von einem Händler erwarb, der diese wiederum von einem autorisierten Hersteller erworben hatte, so muss von einem Erwerb von Nutzungsrechten ausgegangen werden.

Die Einräumung von Nutzungsrechten kann grundsätzlich formfrei und auch konkludent erfolgen. Bei der Auslegung im Lichte des Zwecks der Übertragung ist zu ermitteln, ob die Einräumung eines Rechts gewollt ist. Eine stillschweigende Einräumung kommt nur dann in Betracht, wenn angesichts der gesamten Umstände nach dem objektiven Inhalt der Erklärung unzweideutig zum Ausdruck kommt, dass der Erklärende über sein Urheberrecht in der Weise verfügen will, dass er einem Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräumen will. Auch wenn sich der Vertragszweck wegen seiner urheberschützenden Funktion aus Sicht des Urhebers bestimmt (vgl. BGH GRUR 2002, 248, 251), ist der objektive Empfängerhorizont zu berücksichtigen. Nach dem Zweckübertragungsgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG räumt der Urheber im Zweifel ein Nutzungsrecht nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck
unbedingt erfordert. In dieser Auslegungsregel kommt zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, so weit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werks wird, im Allgemeinen werden beteiligt deshalb nur die Nutzungsrechte stillschweigend durch eingeräumt, welche die Erreichung des Vertragszwecks ermöglicht wird, dagegen kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechte nur angenommen werden, wenn ein dahin gehender Parteiwille — ggf. aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Parteien — unzweideutig zum Ausdruck kommt. Ob das der Fall ist, ist durch eine Auslegung des Vertrages zu ermitteln; dabei sind die gesamten Umstände
nach Maßgabe von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte zu berücksichtigen. Maßgeblicher Umstand kann eine Branchenüblichkeit— hier bei der Verwertung der Fototapete — sein, wenn diese Rückschlüsse auf einen objektivierten rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien hinsichtlich der eingeräumten Nutzungsrechte erlaubt (vgl. BGH GRUR 2004, 938 m.w.Nw.; OLG Zweibrücken MMR 2015, 54).

Bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände muss davon ausgegangen werden, dass „…“ „autorisierten Herstellern“ die Rechte zur Herstellung der Tapete und die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zum Zwecke der Weiterübertragung an die Endkunden, ggf. über Zwischenhändler, übertrug, die zur vertragsgemäßen Nutzung der Tapete erforderlich waren. Weil die vertragsgemäße Nutzung der Tapete eine feste Verbindung der Tapete mit den Räumen vorsieht und eine Beseitigung der Tapete im Rahmen der vertraglich vorausgesetzten Nutzung von vornherein ausscheidet, ist aus Sicht eines redlichen Urhebers anzunehmen, dass autorisierte Hersteller den Abnehmern die Rechte einräumen sollten, die auch urheberrechtlich zu einer vertragsgemäßen Nutzung der Tapete erforderlich waren. Hierzu war — unabhängig von einer Nutzung der Tapete in privaten oder gewerblichen Räumen
— das Recht erforderlich, Vervielfältigungen der Tapete im Rahmen der Erstellung von Lichtbildern der Räume zu fertigen sowie diese Lichtbilder zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen bzw. diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen. Von dem Erwerber einer Fototapete kann üblicherweise nicht erwartet werden, dass dieser sicherstellt, dass keine Fotos in den mit der Tapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Tapete jeweils abgedeckt oder retuschiert wird.

Die Kammer teilt die Auffassung des Landgerichts Köln (Urteil vom 18.08.2022, AZ. 14 O 350/21) nicht, wenn es dort in den Entscheidungsgründen heißt, dass für den Verkauf der Fototapete keine Übertragung eines Nutzungsrechts erforderlich sei und sich der Verkauf einer Fototapete auf den Vertragszweck der dinglichen Übereignung der Tapete erstrecke. Es kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Verwendungszweck einer Tapete darin besteht, Räume dauerhaft zu dekorieren, in denen Fotos erstellt werden und unter verschiedensten Umständen hiervon Bilder ins Internet gelangen, die Fototapeten also vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Es erscheint unabhängig davon, ob die Fototapete von einem Unternehmer oder einer Privatperson erworben wird, vollkommen fernliegend, dass
eine entsprechende Nutzung ausgeschlossen oder von einer weiteren Lizenzierung abhängig ist. Sowohl autorisierte Hersteller als auch der Fotograf verschließen ihre Augen unredlich vor dem Offensichtlichen, wenn sie bei dem Verkauf der Fototapete nicht berücksichtigen, dass diese als Teil ihrer ordentlichen Nutzung abfotografiert und ins Internet gestellt wird. Sowohl bei dem Einsatz der Tapete in gewerblich genutzten Räumen als auch bei der Verwendung in Privaträumen kommt es nahezu zwangsläufig dazu, dass Lichtbilder aus unterschiedlichsten Motiven gefertigt werden. So fertigen Hotelbesitzer oder Restaurantbetreiber Fotos von den Räumen, um ihre Räumlichkeiten in einer Online-Werbung, über einen Internetauftritt in Form der eigenen Webseite oder eines Auftritts in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram potenziellen Kunden zu präsentieren. Interessenten sollen sich so einen
Gesamteindruck von dem Stil und der Atmosphäre der Räumlichkeiten verschaffen können.

Eine Wandtapete prägt den Gesamteindruck eines Raumes maßgeblich. Eine Fotografie eines Raumes ohne Abbildung der Wandtapete führt zu einer verfremdeten und verzerrten Darstellung des jeweiligen Raumes. Würde der Eigentümer einer Räumlichkeit die Fototapete retuschieren, so würde er sich in der Öffentlichkeit zu Recht der Kritik aussetzen, seine Räumlichkeiten anders zu bewerben, als diese sich in der Realität darstellen. Kein Eigentümer eines Cafés oder Restaurants erwirbt eine Tapete und tapeziert damit seinen Gastraum, wenn dies dazu führt, dass er diesen nicht auf Internetauftritten abbilden kann. Auch bei Privatpersonen ist ohne Weiteres vorhersehbar, dass z.B. bei privaten Feiern oder auch bei der Weiterveräußerung des Objektes, in welchem die Fototapete angebracht ist, Lichtbilder erstellt und in sozialen Netzwerken geteilt werden. Niemand kann erwarten, dass im Rahmen von Familienfeiern oder einer Weiterveräußerung Lichtbilder gefertigt werden, auf denen die Fototapete beseitigt, verhängt oder retuschiert ist. Da eine Fototapete regelmäßig das Raumbild bestimmt, wird der dahin gehende Konflikt nicht über § 57 UrhG aufgelöst.

Nach Auffassung der Kammer ist es als branchenüblich anzusehen, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt wird. Die Inaugenscheinnahme der Webseiten von Baumärkten (z.B. Hornbach) oder anderen Fototapeten-Vertreibern ergibt, dass keine Branchenübung besteht, die Rechte gegen zusätzliche Vergütung auf dem Markt anzubieten, was dafür spricht, dass Rechte mit der
Grundvergütung abgegolten und auch übertragen wurden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Köln im Urteil vom 18.08.2022 (AZ. 14 O 350/21) hat es deshalb nicht nahegelegen, einen entsprechenden Passus in die Rechnung aufzunehmen und dafür einen höheren Preis zu zahlen. Ein solches Angebot findet sich auf dem Markt nicht. Auch die Klägerin, die von „…“ vertreten wird, behauptet nicht, dass sie eine entsprechende Lizenzierung angeboten hat.

Neben der Üblichkeit muss sich der Urheber der weitreichenden stillschweigenden Einräumung bewusst gewesen sein (vgl. BGH GRUR 2004, 938, 939). Dies ist vorliegend zu bejahen. Die vorstehenden Begleitumstände sprechen dafür, dass, redliches Verhalten unterstellt, ein entsprechender Wille zur Einräumung von Nutzungsrechten im dargestellten Umfang bestand. Hinzu kommt, dass „…“ geschäftsführender Gesellschafter der „…“ war, es also in der Hand hatte, die Umstände des Vertriebs der Tapeten zu gestalten. Er nahm trotz der sich aufdrängenden urheberrechtlichen Konsequenzen im Rahmen der üblichen Nutzung der Fototapeten keine Hinweise auf ein „Fotografierverbot“ oder die Notwendigkeit einer weiteren Lizenzierung auf. Auch trägt er nicht vor, von ihm autorisierte Hersteller zu entsprechenden Hinweisen veranlasst zu haben.

Der Annahme einer konkludenten Rechteeinräumung steht nicht entgegen, dass die Klägerin ausdrücklich vorträgt, dass der Nutzung für Fototapeten lediglich die Einräumung einfacher Nutzungsrechte zugrunde lag. Die Klägerin, deren gesetzlicher Vertreter der Fotograf ist, stellt den Sachverhalt, der — lauteres Verhalten der Beteiligten unterstellt — aus den vorstehenden Erwägungen aus Sicht der Kammer die Annahme einer konkludenten Rechteübertragung gebietet, nicht in Abrede. Wie vorstehend dargestellt, geht die Kammer auch nicht von einer Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte aus.

Il. In jedem Fall ist die Rechtswidrigkeit einer etwaigen Verletzungshandlung durch eine vorherige Einwilligung (& 183 BGB) ausgeschlossen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auch dann nicht zu, wenn der Urheber vermittelt über die autorisierten Hersteller zwar kein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt und ihnen die Werknutzung auch nicht schuldrechtlich gestattet hat. Dem Verhalten des Urhebers ist jedenfalls die objektive Erklärung zu entnehmen, dass er mit der Nutzung der auf der Tapete bearbeiteten Lichtbilder in Form von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räume und deren Veröffentlichung im Internet einverstanden ist.

Ein Berechtigter, der eine Fototapete ohne Einschränkungen vertreibt, muss mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen (vgl. BGH GRUR 2008, 245 — Drucker und Plotter). Da es auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ankommt, ist es ohne Bedeutung, ob der Urheber gewusst hat, welche Nutzungshandlungen im Einzelnen mit der Fototapete verbunden sind. Danach hat sich der Urheber mit dem Vertrieb seiner Werke als Fototapete ohne Angaben jeglicher einschränkenden Zusätze hinsichtlich der erlaubten Verwertungshandlungen, mit der Wiedergabe der Fototapeten auf Internetseiten einverstanden erklärt (vgl. ähnlich BGH, Urteil vom 29.04.2010 — I ZR 69/08 – Vorschaubilder). Für diese Rechtsauffassung spricht im Übrigen auch der in § 17 Abs. 2 zum UrhG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke, dass das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Ware zurücktreten muss (vgl. BGH GRUR 2001, 51 — Parfumflakon). Zwar betrifft die vorliegende Konstellation nicht den Weitervertrieb der Fototapete selbst, sondern ihre bestimmungsgemäße Nutzbarkeit. Der Rechtsgedanke ist indessen auf die vorliegende Konstellation zu übertragen. Darf nach der angeführten Entscheidung des BGH derjenige, der ein urheberrechtlich geschütztes Produkt legal weiter verkauft, im Interesse der Verkehrsfähigkeit der Waren ein Abbild hiervon auch zu Werbezwecken nutzen und insoweit öffentlich zugänglich machen, ohne weitergehende Nutzungsrechte einholen zu müssen, kann im Hinblick auf die streitgegenständlich in Rede stehende Nutzbarkeit der Fototapete nichts anderes gelten. Ein Verbot, Räume, die mit einer Fototapete ausgestattet sind, zu fotografieren, würde die Verkehrsfähigkeit von Fototapeten maßgeblich einschränken.

Auch der Gedanke, wonach die Interessen des Urhebers im Rahmen der Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks zurücktreten müssen, kann vorliegend ergänzend herangezogen werden. Im Hinblick auf die feste untrennbare Verbindung der Fototapete mit dem Bauwerk sind die Interessen des Eigentümers bzw. Besitzers zu berücksichtigen. Die Interessen des Eigentümers bzw. Besitzers, der die Tapete nicht vorübergehend entfernen kann, um Lichtbilder der Räumlichkeiten zu erstellen, überwiegen vorliegend das Recht des Urhebers, der es in der Hand hat, im Rahmen des Inverkehrbringens des urheberrechtlich geschützten Werkes dieses vorausschauend so zu gestalten, dass eine entsprechende
Beeinträchtigung ausgeschlossen ist.

IIl. Den mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen steht jedenfalls der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen, soweit der Fotograf dem Beklagten keine Nutzungsrechte zur Fertigung der Lichtbilder der mit der Fototapete ausgestatteten Räume übertragen hat.

Die Ausübung eines Rechts ist in der Regel missbräuchlich, wenn der Berechtigte es durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat (BGH NJW 1971, 2226; Grüneberg in: Grüneberg, 81. Auflage, 8 242 BGB Rn. 43). Dieser Gedanke findet sich in der gesetzlichen Regelung des § 162 Abs. 2 BGB. Das unredliche Verhalten muss dem Gläubiger Vorteile und dem Schuldner Nachteile gebracht haben, die bei redlichem Verhalten nicht entstanden wären (Grüneberg aa0O.)

Dies ist vorliegend der Fall. „…“ da die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 97, 97a UrhG abgetreten hat, hat diese Ansprüche durch sein eigenes vertragswidriges Verhalten erlangt. Soweit er über die von ihm autorisierten Hersteller Fototapeten vertrieben hat, ohne den Erwerbern entsprechende urheberrechtliche Nutzungsrechte einzuräumen für eine Nutzung (Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit den Fototapeten ausgestatteten Räumen und deren öffentliches Zugänglichmachen), die jedenfalls den äußeren Umständen nach ohne Weiteres vorhersehbar war, hat er sich vertragswidrig verhalten. Die Erwerber der Tapeten durften im Hinblick auf die notwendige untrennbare Verbindung der Tapeten mit den Wänden davon ausgehen, dass sie Lichtbilder der Räume fertigen und diese auch öffentlich zugänglich machen durften, soweit kein gegenteiliger Hinweis erfolgte. Da es „…“ als Geschäftsführer der ‚…‘ oder im Rahmen der Autorisierung anderer Hersteller in der Hand hatte, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, hat er die urheberrechtlichen Verletzungshandlungen, aus denen die geltend gemachten Ansprüche hergeleitet werden sollen, selbst provoziert.

IV. Die Klägerin kann die geltend gemachten Ansprüche auch nicht aus einer Verletzung des
Urheberpersönlichkeitsrechts in Gestalt des Urheberbenennungsrechts gem. § 13 UrhG
herleiten, weil davon auszugehen ist, dass „…“ im Rahmen des Vertriebs der Fototapete auf das Urheberbenennungsrecht durch schlüssiges Verhalten verzichtet hat, weil er keinen Hinweis auf die Notwendigkeit der Urheberbenennung auf die von „…“ vertriebenen Tapeten anbringen ließ und auch etwaige von ihm autorisierte Hersteller zu einem Hinweis nicht veranlasste.

V. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 22.000,00 Euro

Abmahnung LG Düsseldorf Fototapete – was tun?

Wenn Sie eine Frage zur Entscheidung des LG Düsseldorf oder zum Urheberrechtsverstoß einer Fototapete haben sollten, können Sie mir diese gerne über mein Kontaktformular zusenden. Ich werde die Abmahnung dann einer kurzen Überprüfung unterziehen und Ihnen die Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Gerne helfe ich Ihnen im Rahmen einer pauschalen Honorarvereinbarung weiter, falls dies erforderlich sein sollte.

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