Mir liegt eine Schadensersatzklage der Firma Universal Music GmbH zur Prüfung vor. Die Kanzlei RASCH Rechtsanwälte aus Hamburg vertritt die Rechteinhaberin. Die Kanzlei Rasch hat im Jahre 2011 einen Mandanten abgemahnt, über dessen Internetanschluss das Musikalbum THE BEGINNING von den BLACK EYED PEAS öffentlich angeboten worden sein soll. Dies über die Internettauschbörse BitTorrent.
Zur kurzfristigen Erledigung der Angelegenheit hat der Mandant noch im Jahre 2011 eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Dies ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage sowohl für die Täter- als auch für die Störerhaftung. Weitergehende Ansprüche auf Schadensersatz und Wertersatz für Abmahnkosten hat er aber zurückgewiesen.
Schadensersatzklage Universal Music GmbH
Kurz vor Ablauf der 3-jährigen Basisverjährung für die Störerhaftung hat die Universal Music GmbH, einen Mahnbescheid beantragt gegen den der nunmehr beklagte Mandant Widerspruch eingelegt hat. Die Rechteinhaberin vertritt die Kanzlei Rasch Rechtsanwälte. Zwischenzeitlich wurden sowohl der vermeintliche Anspruch durch die Vertreter von Universal vor dem Amtsgericht Hamburg begründet, als auch durch meine Kanzlei auf die Klage erwidert.
Schadensersatzforderung in Filesharing Verfahren
Die Universal Music GmbH fordert 2.500 € Lizenzschadensersatz und auf der Basis eines Streitwertes von 37.500 € Abmahnkosten in Höhe von 1.192,60 €.
Streitgegenstand der Schadensersatzklage Universal Music GmbH
Im vorliegenden Fall liegt ein Sachverhalt vor, der ein fachgerecht WPA 2 verschlüsseltes WLAN beinhaltet. Daneben einen Haushalt mit einer Ehefrau und 4 heranwachsenden Kindern, die neben dem beklagten Anschlussinhaber alle im Tatzeitraum Zugang zum Internet hatten. Der Beklagte selber nutzt keine Tauschbörsen und auch keine Tauschbörsensoftware. Ebenso wurden keine Tauschbörsen Software (Client) auf anderen Rechnern des Haushalts des Beklagten gefunden.
Der Beklagte selber kannte auch bis zur Abmahnung weder das Musikwerk noch die Musikgruppe BLACK EYED PEAS. Im Streit stehen neben der ordnungsgemäßen Ermittlung des angeblichen Verstoßes gegen das Urheberrecht somit Fragen der Täterhaftung, der vermuteten Täterhaftung und der möglichen Störerhaftung.
Hinzu kommt die „theoretische Frage“, wie hoch der Schadensersatz, der Streitwert und die Abmahkosten tatsächlich ausfallen dürfen. Letztere Frage ist in der Rechtsprechung umstritten. Es geht in dem Geschilderten also quasi um das gesamte Programm, was die Rechtsprechung in Filesharing Fällen gegenwärtig zu bieten hat.
Darlegungs- und Beweislast beim Filesharing zur vermuteten Täterhaftung
Beweisbelastet für die begehrten Forderungen ist in derartigen Angelegenheiten zunächst die anspruchstellende Universal Music GmbH. Da die Rechteinhaberin aber nicht weiß, was sich hinter dem ermittelten Anschluss im Haushalt des Betroffenen abgespielt hat, muss sich der Beklagte mit einer abgestuften Darlegungslast verteidigen. Dies dahingehend, dass er selber nicht als Täter in Betracht kommt und auch keine vermutete Täterhaftung im Sinne der BGH Rechtsprechung gem. Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens – zu seinen Lasten greift. Dies kann beispielsweise dadurch gelingen, dass der Beklagte einen abweichenden Geschehensablauf darlegt, der zur Überzeugung des Gerichts dazu führt, dass außer der Täterschaft des Beklagten auch die Täterschaft eines Dritten in Betracht kommt. Hier beispielsweise durch die Ehefrau oder durch eines der Kinder. Bei derartigen Fallkonstellationen ist in der Rechtsprechung umstritten, wie weit Darlegungs- und Beweislasten des betroffenen Beklagten gehen.
BGH – Bearshare
Zur Beweislastverteilung in Filesharingverfahren hat der BGH mit Urteil vom 08.01.2014, AZ: I ZR 169/12 Rdn. 14 – BearShare – ausgeführt:
„Die Klägerinnen tragen nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist das grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von Ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus).“
Weiter lautet es in der BearShare-Entscheidung in Rdn. 18 wörtlich wie folgt:
„Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 – 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG München I, MMR 2013,) 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 61/12, TranspR 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München I, MMR 2013, 396).“
OLG Köln – Urteil vom 02.08.2013, Az.: 6 U 10/13
Das OLG Köln fordert in seinem Urteil vom 02.08.2013, Az.: 6 U 10/13 allerdings:
„Der Anschlussinhaber müsse seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des ihm Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs – nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses – ergebe (vgl. BGH GRUR 2013, 511 Rn. 34 – Morpheus; Senat WRP 2012, 1007 Rn. 24; GRUR-RR 2012, 329 [330]). Hierfür sind konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen (vgl. BGH GRUR 2010, 633 Rn. 11 – Sommer unseres Lebens; Senat a.a.O.), die einen abweichenden Geschehensablauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten jedenfalls nicht gänzlich unwahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 21). Das Landgericht habe mit zutreffender und überzeugender Begründung angenommen, dass der erstinstanzliche Vortrag des Beklagten diesen Anforderungen nicht genüge. Mit dem Einwand, seine Ehefrau habe zum Tatzeitpunkt selbstständig auf seinen Internetanschluss zugreifen können, habe der Beklagte nur vage die generelle Möglichkeit einer von dieser begangenen Rechtsverletzung angedeutet. Auch wenn den Anschlussinhaber in Bezug auf Ehepartner grundsätzlich keine Nachforschungspflicht treffe (vgl. OLG Hamm MMR 2012, 40; Senat GRUR-RR 2012, 329 [330]), so habe er im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedenfalls durch konkrete Schilderungen zum tatsächlichen Nutzungsverhalten des (angeblichen) Ehepartners im Hinblick auf den Internetanschluss aufzuzeigen, dass dieser ernsthaft als Alleintäter in Betracht komme (vgl. Senat GRUR-RR 2012, 329 [330]; Beschluss vom 08.05. 2013 – 6 W 256/12 -). Daran habe es der Beklagte fehlen lassen.“
Fazit
Die spannende Rechtsfrage wird daher sein, wie weit die Darlegungslast des Beklagten in Bezug auf die konkrete Schilderung von Sachverhaltsumständen geht. Diese könnten möglicherweise seine Familienmitglieder belasten. Die Frage ist daher, wie dass die Hamburger Gerichten sehen. Bislang ist es so, dass der Anschlussinhaber die behaupteten Tatsachen darlegen und glaubhaft machen muss. Aus denen muss sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses ergeben. Es darf jedenfalls nicht ausgeschlossen sein, dass die Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten in Betracht kommt. Fraglich ist, ob weitere Darlegungen und Glaubhaftmachungen zu Umständen, dass dritten Personen auch konkret als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erfordelich sind. Bislang wurde dies als zu weitgehend betrachtet und würden die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast überspannen. Soweit bekannt ist, sind bereits Berufungsverfahren in ähnlich gelagerten Sachverhalten anhängig, so dass demnächst auch obergerichtliche Entscheidungen vorliegen werden
Schadensersazklage der Universal Music GmbH – was tun?
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