Mir liegt eine Abmahnung des Herrn Martin Ismail zur Prüfung vor. Herr Ismail ist Teil der Interessengemeinschaft Datenschutz (IG Datenschutz). Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin vertritt den Abmahner und schreibt mit Datum vom 13.09.2022. Inhaltlich geht es um die Nutzung von Google Fonts.
Abmahnung Martin Ismail – Hintergrund
Die IG Datenschutz hat sich der Verteidigung und Durchsetzung des Datenschutzes auf zivilrechtlichem Weg verschrieben.
Der IG Datenschutz ist aufgefallen, dass der Abgemahnte auf seiner Webseite Google Fonts verwendet. Google Fonts ist auf der Webseite derart installiert, dass u.a. die IP-Adresse des Besuchers an Google in die USA weitergeleitet wird. Dieser Vorgang wurde über die IP-Adresse technisch ermittelt. Die Weiterleitung an Google ergibt sich aus dem hervorgehobenen Link.
Abmahnung – Würdigung des Sachverhalts
Die unerlaubte Weitergabe der IP-Adresse an Google stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach § 823 Absatz 1 BGB dar. Eine IP-Adresse ist eine – personenbezogene Date im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO (BGH, Urteil vom 16.05.2017 – VI ZR 135/13). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet das Recht des – Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen.
Keine Einwilligung mit dem Datenverstoß
Herr Ismail hat in den Eingriff nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO eingewilligt. Ein Rechtfertigungsgrund für den Eingriff i.S.d. Art. 5 Abs. 1 f) DSGVO liegt nicht vor.
Google Fonts kann auch ohne den Aufbau einer Verbindung zum Google Server genutzt werden. Damit wäre eine Übertragung der IP-Adresse an Google ausgeschlossen.
Aufgrund des Verstoßes besteht ein Anspruch auf Unterlassung. Deutsche Gerichte haben in den letzten zwei Jahren Betroffenen von unterschiedlichsten Datenschutzverstößen Schmerzensgelder in einer Breite bis zu einem Maximum von 2.500,00 € zugesprochen. Z.B.:
LG München I, Urteil vom 09.12.2021 – 31 0 16606/20 (2.500,00 €);
LAG Hamm, Urteil vom 14.12.2021 – 17 Sa 1185/20 (2.000,00 €);
LAG Hannover, Urteil vom 22.10.2021 – 16 Sa 761/20 (1.250,00 €);
LG Lüneburg, Urteil vom 14.07.2020 – 9 0 145/19 (1.000,00 €);
AG Hildesheim, Urteil vom 05.10.2020 – 43 0 145/19 (800,00 €);
AG Pfaffenhofen/llm, Urteil vom 09.09.2021 – 2 C 133/21 (300,00 €);
LAG Köln, Urteil vom 14.09.2020 – 2 Sa 358/20 (300,00 €);
LG München, Urteil vom 20.01.2022 – 30 17493/29 (100,00 €).
Was fordert die Abmahnung des Martin Ismail
Die Abmahnung fordert die unverzüglichen Beendigung des Verstoßes. Ferner fordert sie die Zahlung eines Betrags in Höhe von 170,00 € auf ein Treuhand-Mandanten-Konto.
Update 22.12.2022
Gegen RA Lenard und seinen Mandanten (Ismail) sind strafrechtliche Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet worden. Da die Abmahnwelle wegen der Nutzung von Google Fonts fingiert gewesen sein könnte. Mittels einer eigens dafür programmierten Software konnten die betroffenen Websites identifiziert werden, die Google Fonts nutzen. Die Beschuldigten sollen daher darüber getäuscht haben, dass eine Person die Websites besucht hat (und nicht tatsächlich eine Software). Mangels Person läge dann aber keine Verletzung eines Persönlichkeitsrechts vor.
Eine negative Feststellungsklage des AG Berlin Charlottenburg (Az.: 22 – 217 C 64/22) hat entschieden, dass kein Schadensersatzanspruch besteht. Das Gericht hat sich mit der Sach- und Rechtslage des Falls ausdrücklich auseinandergesetzt. Die Schutzfunktion, die Gesetze normalerweise ausüben, gilt im nach Auffassung des AG im vorliegenden Fall nicht. Der Anspruchsteller hat sich nämlich bewusst der Gefahr einer zig-tausendfachen Verletzung ausgesetzt. Diese hat er zudem noch sauber dokumentiert und damit auf eine sehr hohe Schadenersatzsumme kalkuliert. Sein Ziel ist nicht der Schutz, sondern das Geld verdienen.
Abmahnung was tun?
Wenn Sie ebenfalls eine Abmahnung von Herrn Martin Ismail erhalten haben, dann wenden Sie sich gerne für eine kostenlose Ersteinschätzung unverbindlich an meine Kanzlei.
Sie können mir gerne Ihre Abmahnung unverbindlich über mein Kontaktformular zusenden. Ich werde mich dann so schnell wie möglich bei Ihnen mit einem Lösungsvorschlag melden.
Fragen kostet nichts!
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Kommentare
Christel Werner 17. Oktober 2022 um 12:56
Guten Tag,
ich habe mich etwas eingelesen und es stellt sich mir eine Frage: Die DSGVO findet doch hauptsächlich nur Anwendung in Unternehmen. Sollte man eine private Webseite (ohne Werbung, ohne Gewinnabzielung oder sonstigen Links) betreiben, ist dann eine Abmahnung, speziell diese von Martin Ismail oder dessen Anwalt, nicht geradezu ein Indiz, dass die Seite gar nicht wirklich besucht und benutzt wurde, sondern allein die Absicht der Abmahnung als unlautere Geldeinnahmequelle mit crawler ins Fadenkreuz geraten ist?
Kai Harzheim 18. Oktober 2022 um 17:25
Liebe Frau Werner, die DSGVO gilt auch für private Anbieter. Herr Ismail handelt somit nicht rechtswidrig. Senden Sie uns gerne die erhaltene Abmahnung zu.
RA Harzheim